Gülistan Yüksel zur Bundestagsmehrheit mit Rechtsextremen
31. Januar 2025
Gülistan Yüksel zur Bundestagsmehrheit mit Rechtsextremen
31. Januar 2025

Plenarrede vom 30.01.2025

Gülistan Yüksel, MdB bei ihrer Plenarrede am 30.01.2025

Gülistan Yüksel, MdB bei ihrer Plenarrede am 30.01.2025

Gülistan Yüksel (SPD): 

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind heute hier, um über Ereignisse zu sprechen, die uns tief berührt und intensiv beschäftigt haben: die Evakuierungsmission der Bundeswehr im August 2021. Zwar gelang es der Bundeswehr, innerhalb von nur elf Tagen über 5 000 Menschen aus Kabul zu retten, doch die Bilder der verzweifelten Menschen und das Chaos am Flughafen sind noch immer in unser aller Gedächtnis eingebrannt. 

Viele, die Schutz suchten, schafften es in den dramatischen Tagen nicht rechtzeitig, das Land zu verlassen. Menschen, die uns als Ortskräfte über Jahre hinweg unterstützt haben – als Dolmetscher, als Fahrer oder auch als Sicherheitskräfte -, wurden in ihrer größten Not im Stich gelassen. Dabei haben wir eine Fürsorgepflicht gegenüber unseren Ortskräften; denn sie haben für uns gearbeitet, sie waren unsere Brücke zur afghanischen Gesellschaft. Ihre Arbeit war essenziell für unseren Einsatz, meine Damen und Herren. 

Ein entscheidender Grund für das Scheitern vieler Evakuierungen lag im schwerfälligen und bürokratischen Ortskräfteverfahren. Dieses hätte früher angepasst werden können, doch unterschiedliche Ressortinteressen und eine mangelnde Koordination verhinderten ein schnelles und entschlosseneres Handeln. Bürokratie stand zu häufig vor Humanität. Bürokratie sollte aber nie über der Menschlichkeit stehen. 

Eine Aufarbeitung der Ereignisse vom August 2021 war deshalb nicht nur angemessen, sondern dringend notwendig. Unsere Aufgabe im Untersuchungsausschuss beschränkte sich jedoch nicht nur auf einen Rückblick, sie ist zugleich ein Appell in die Zukunft. Wir müssen aus unseren Fehlern lernen. Wir brauchen effizientere und klarere Prozesse, schnelleres und entschlosseneres Handeln. Und wir brauchen den politischen Willen, Verantwortung zu übernehmen – mit Menschlichkeit und Weitsicht. 

Lassen Sie uns sicherstellen, dass wir in Zukunft besser und effizienter zusammenarbeiten, dass Visaverfahren für unsere Ortskräfte vereinfacht und Verantwortlichkeiten deutlich geklärt werden, dass wir praktikable und frühzeitige Notfallpläne haben, die die Sicherheit und das Wohl der Menschen in den Mittelpunkt stellen. Es geht dabei auch um unsere Glaubwürdigkeit. Denn wie können wir sonst zukünftig erwarten, dass uns Menschen in anderen Krisenregionen vertrauen und sie für uns arbeiten wollen? 

20 Jahre waren wir in Afghanistan. Wir, das sind unsere Soldatinnen und Soldaten, Diplomatinnen und Diplomaten, humanitäre und ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Zusammen mit unseren afghanischen Partnern haben sie unermüdlich daran gearbeitet, das Leben der Menschen vor Ort zu verbessern. Doch am Ende müssen wir uns fragen: Was bleibt von diesen 20 Jahren? 

Unsere Verantwortung endet nicht mit dem letzten Evakuierungsflug. Wir schulden den Menschen in Afghanistan, dass wir weiter hinschauen, dass wir humanitäre Hilfe leisten, wo sie möglich ist, dass wir uns für die Rechte der Frauen und Mädchen einsetzen, deren Freiheiten beschränkt werden. Die Mission in Afghanistan mag vorbei sein, doch unsere Verantwortung ist es nicht. 

Und auch unseren Soldatinnen und Soldaten gegenüber tragen wir insbesondere als Parlament Verantwortung. Gerade ihretwegen müssen wir die richtigen Lehren ziehen. Ich denke, der Untersuchungsausschuss leistet dazu einen großen Beitrag. Der Abschlussbericht wird Mitte Februar vorgestellt und sicherlich wichtige Erkenntnisse liefern, die hoffentlich in zukünftige Entscheidungen einfließen können. 

Dieser Bericht ist das Ergebnis einer intensiven und konstruktiven Arbeit. Deshalb möchte auch ich mich an dieser Stelle bei meinen Kolleginnen und Kollegen, den Mitarbeitenden der Fraktionen und Abgeordneten, beim Sekretariat und der Bundesregierung für die kollegiale und gute Zusammenarbeit – oft zu später Stunde – ganz herzlich bedanken. Danken möchte ich auch den Medien, die unsere Arbeit begleitet haben. Und weil ich eben gesehen habe, lieber Cem, dass Sie auch da sind: Sie haben uns jeden Donnerstag bis Mitternacht begleitet, und dafür gibt es, denke ich, von hier aus einen Riesenapplaus. 

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir können die Vergangenheit nicht ändern, aber wir können aus ihr lernen. Wir können aus ihr die richtigen Schlüsse ziehen. Und wir können dafür sorgen, dass unser Handeln in Zukunft menschlicher, entschlossener und weitsichtiger ist. Denn es geht am Ende um Menschen. 

Dankeschön. 

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Thomas Röwekamp (CDU/CSU))