„Frühe Bildung für gleiche Chancen und Vereinbarkeit von Familie und Beruf“
20. Juni 2016Frauen verdienen 100 Prozent!
8. Juli 2016Mütter brauchen Gesundheitsschutz und Selbstbestimmung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Mutter werden und Mutter sein gehört für viele Frauen zu den schönsten Erfahrungen im Leben. In Deutschland genießen werdende Mütter zum Glück schon lange gesetzlichen Mutterschutz. Die Arbeitswelt und das Bild von Frauen und Müttern am Arbeitsplatz haben sich aber seit 1952 grundlegend verändert. Das seit fast 65 Jahren geltende Mutterschutzgesetz kommt langsam ins Rentenalter. Wir als SPD-Fraktion begrüßen deshalb sehr, dass Ministerin Schwesig die Modernisierung des Mutterschutzrechts in Angriff genommen und einen Entwurf vorgelegt hat, der den Gegebenheiten einer modernen Arbeitswelt gerecht wird.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Die geplanten Neuregelungen des Mutterschutzrechts passen das Gesetz an den neusten Stand wissenschaftlicher und technischer Erkenntnisse an. Sie machen den Mutterschutz übersichtlicher, transparenter und verständlicher. Das Gesetz stellt sich außerdem dem Anspruch, die Akzeptanz für den Mutterschutz insgesamt zu steigern, Diskriminierung vorzubeugen und Teilhabe von Frauen zu stärken. Gleichzeitig bleibt das oberste Ziel der Gesundheitsschutz von schwangeren und stillenden Frauen und ihren Kindern.
Sehr geehrte Damen und Herren,
nach monatelanger Blockade gilt der Mutterschutz nun erstmals auch für Schülerinnen und Studentinnen; das ist ja hier schon mehrmals erwähnt worden. Ich möchte mich bei unserer Frauenministerin ausdrücklich bedanken, dass sie sich dafür starkgemacht hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Weiterhin profitieren vom Mutterschutz nun auch arbeitnehmerähnliche Personen sowie Frauen mit Behinderung, die in Werkstätten für Menschen mit Behinderung arbeiten, ebenso Auszubildende, Praktikantinnen, Teilnehmerinnen des Bundesfreiwilligendienstes und Entwicklungshelferinnen. Das ist gut und richtig; denn egal ob Schülerin oder Chefin, egal in welcher Lebensphase oder Lebenslage eine schwangere Frau sich auch befindet: In erster Linie ist sie werdende Mutter. Sie verdient deshalb den bestmöglichen Schutz für sich und das ungeborene Kind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch für selbstständige Frauen müssen Lösungen gefunden werden; das ist heute noch nicht erwähnt worden. Hier ist es aber mit einer einfachen Ausweitung des Mutterschutzes nicht getan; denn diese Frauen brauchen auch einen Ersatz für ihren Einkommensausfall während der Schutzfristen. Wir sind auch hier im Gespräch und versuchen, eine Lösung zu finden.
Eine weitere wesentliche Änderung, die schon von unserer Ministerin Schwesig angesprochen wurde, die auch ich für sehr wichtig halte und die mir sehr am Herzen liegt, ist die Verlängerung des Mutterschutzes von acht auf zwölf Wochen für Mütter, die ein Kind mit Behinderung gebären. Gerade hier ist es wichtig, Frauen nicht alleine zu lassen, sondern ihnen mehr Zeit und Ruhe für sich und ihr Kind zu geben, damit sie die neue Situation nicht als Belastung, sondern als Glück erleben.
Auch die Einführung eines Kündigungsschutzes von vier Monaten nach einer Fehlgeburt, die nach der zwölften Schwangerschaftswoche auftritt, ist von besonderer Bedeutung. Die Bindung der Mutter an ihr ungeborenes Kind ist bereits zu diesem Zeitpunkt sehr intensiv. Deshalb braucht die Frau in dieser für sie schwierigen Phase mehr Zeit zur Regeneration und Verarbeitung.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
wegen des veralteten Mutterschutzgesetzes kommt es verstärkt zu ungewollten Beschäftigungsverboten, was vor allem von Frauen, die im Gesundheitsbereich arbeiten, oft zu Recht beanstandet wird. Denn viele Frauen möchten auch in der Schwangerschaft ihrem Beruf nachgehen. Die klareren Vorgaben für Arbeitgeber bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen sowie bei der Rangfolge der Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz vermeiden ein vorschnelles Arbeitsverbot. Der neue Ausschuss für Mutterschutz – er ist heute noch nicht erwähnt worden – beim Familienministerium wird hierbei Betriebe und Behörden mit seinen Empfehlungen unterstützen und beraten.
Auch die neuen Regelungen zu Mehr- und Nachtarbeit gewährleisten ein hohes Maß an Selbstbestimmung. Die Regelungen werden branchenunabhängig und zeitgemäß gefasst. Nachtarbeit sowie Sonn- und Feiertagsarbeit bleiben auch weiterhin generell verboten, aber Frauen dürfen nun auf ausdrücklichen Wunsch und bei der Erfüllung weiterer Voraussetzungen zwischen 20 und 22 Uhr oder an Sonn- und Feiertagen arbeiten. Hier bekommen Frauen mehr Mitsprache.
Es muss aber klar sein, dass es hier um den Wunsch der Frau geht und sie nicht unter Druck gesetzt wird. Die Kollegin Zimmermann sagte ja, dass die Schutzvorschriften ausgehebelt werden. Ich habe das noch einmal nachgelesen. Also: Die Frauen müssen ausdrücklich dazu bereit sein, es muss ein ärztliches Attest vorgelegt werden, und Alleinarbeit ist ausgeschlossen. Der Schutz wird also nicht ausgehebelt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
die Berücksichtigung individueller Wünsche und Bedürfnisse von Frauen, gepaart mit dem obersten Ziel, dem Schutz der werdenden Mutter und des ungeborenen Lebens – das ist die Stärke dieser Reform. Sie ermöglicht Flexibilität und schafft mehr Transparenz. Sie nimmt eine verantwortungsvolle Abwägung zwischen Gesundheitsschutz und Erwerbstätigkeit vor.
Sehr geehrte Damen und Herren,
die SPD steht für eine zeitgemäße und wirksame Frauen- und Familienpolitik. Wir setzen uns für eine bessere Vereinbarkeit von Mutterschaft, Familie und Beruf ein. Wir kämpfen für gleichberechtigte Teilhabe von Frauen in der Arbeitswelt, sei es bei der Frauenquote oder der Lohngerechtigkeit. Die Reform des Mutterschutzgesetzes ist dabei nur ein wichtiger Baustein hin zu mehr Selbstbestimmung und mehr Mitsprache. Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die bestmöglichen Voraussetzungen für die vielfältigen Lebensentwürfe der Menschen zu schaffen! Zum Vorteil der Frauen und ihrer Kinder, zum Vorteil der Männer und zum Vorteil der ganzen Gesellschaft.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)