Weihnachtsgruß
21. Dezember 2015
„Eine andere Heimat“ Jugendmedienworkshop im Deutschen Bundestag 2016
7. Januar 2016
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Ich würde gerne ein zweites Mal antreten

Sie haben vor einigen Wochen Bergfest gehabt: Die Hälfte der Legislaturperiode ist vorbei. Wenn Sie die gut zwei Jahre in Abschnitte einteilen würden, welche wären es dann?

Gülistan Yüksel Die ersten zwei Jahre sind im Prinzip ein Abschnitt für sich und sehr schnell vergangen. Ich habe zunächst in Berlin und Mönchengladbach Büros eingerichtet und Mitarbeiter eingestellt, um die Arbeit schnell aufnehmen zu können. Wir haben uns direkt mit den neuen Strukturen im Bundestag auseinandergesetzt und in die Themen eingearbeitet. Für die erste Phase war es mir wichtig, dass unsere Wähler bei Bedarf auch einen Ansprechpartner vor Ort haben. So sind wir jetzt ein tolles Team, das unsere Stadt und Berlin miteinander verbindet und für die Bürger da ist. Nachdem ich meine Ausschüsse hatte, ging die Arbeit sehr schnell los. Ich denke, wir haben in diesen zwei Jahren viele wichtige Entscheidungen getroffen, die zukunftsweisend für Deutschland sind.

Als da wären?

Yüksel Unter anderem der Mindestlohn, das Elterngeld Plus, das Rentenpaket, die Mietpreisbremse – aber auch die Entlastung von Kommunen und mehr Investitionen in Bildung. Wir haben aber noch viele weitere Themen auf der Agenda.

Was haben Sie sich als Bundestagsabgeordnete für den Rest Ihrer Wahlzeit bis Herbst 2017 vorgenommen?

Gülistan Yüksel

Yüksel Wir ziehen eine sehr positive Bilanz aus der ersten Halbzeit. Mir ist wichtig, dass wir diesen Weg weitergehen und weiterhin mehr Chancengleichheit und Gerechtigkeit ermöglichen. Wir wollen unter anderem noch Leiharbeit und Werkverträge neu regeln, gleichen Lohn für gleiche Arbeit ermöglichen, Pflegeberufe attraktiver gestalten und Menschen mit Behinderung stärker unterstützen. Aber wir werden auch einen starken Fokus auf die Flüchtlingspolitik legen. Darüber hinaus möchte ich mich aus meinem Ausschuss heraus für eine höhere Qualität in der Familienpolitik einsetzen.

Sie sagen es, das Flüchtlingsthema beherrschte das politische Geschehen im Jahr 2015. Wie haben Sie es als Bundestagsabgeordnete erlebt, die richtungsweisende Entscheidungen für Deutschland treffen musste?

Yüksel Ich bin schockiert über das Ausmaß der Krise, die so viele Menschen in die Flucht geschlagen hat. Ich war aber auch berührt durch die Solidarität und Offenheit, die gerade unsere Bevölkerung diesen Menschen selbstlos entgegengebracht hat. Ich glaube, wir haben dadurch bewiesen, wie modern und weltoffen Deutschland ist. Schließlich können wir so viele Gesetze herausbringen, wie wir wollen. Am Ende sind es auch die unzähligen Menschen vor Ort, die im tagtäglichen Leben die Flüchtlinge akzeptieren, ihnen ihre rettende Hand ausstrecken und sich verantwortungsvoll um sie kümmern. Dieser Einsatz berührt mich sehr und ich bin sehr stolz darauf.

Wie sehr hat sich Ihr privates Umfeld nach Berlin verlagert? Wie oft sind Sie noch in Mönchengladbach?

Yüksel Berlin ist sozusagen mein Arbeitsplatz, Gladbach mein Zuhause. Ich bin bis auf die Sitzungswochen eigentlich in Mönchengladbach. Mir ist es schließlich wichtig, eng mit meinem Wahlkreis und der Partei vor Ort verbunden zu sein. Meine Politik für Berlin entsteht von zuhause in Mönchengladbach aus, und nur so kann ich die Politik aus Berlin nach Hause tragen. Ich bekomme zwischendurch auch Besuch von Schulklassen, Bürgern aus meinem Wahlkreis, die mir ein Stück Heimat mit nach Berlin bringen. Darüber freue ich mich immer sehr.

Sie sind Deutsche mit türkischen Wurzeln. Sie sind auch Muslimin. Berührt Sie das Schicksal der Flüchtlinge vor diesem Hintergrund in einer anderen Weise?

Yüksel Diese Schicksale berühren mich nicht aufgrund meiner Herkunft oder meiner Religion, sondern aufgrund ihrer Geschichte und hoffnungslosen Situation. Mir ist wichtig, dass jeder, der schutzbedürftig ist, auch Schutz findet – unabhängig von Glaube oder Herkunft.

Was sagen Sie zu den Pegida-Demonstrationen in Dresden und dem Ableger in Mönchengladbach?

Yüksel Ich finde es schade, dass es Gruppierungen gibt, die noch immer die hoffnungslose Situation zahlreicher Menschen ausnutzen, um menschenfeindliche Äußerungen zu tätigen und Politik damit zu machen. Wir müssen alle gemeinsam weiterhin alles dafür tun, um bestehende Ängste abzubauen und dafür sorgen, dass diese Angst nicht in Gewalt umschlägt. Wir müssen daher auch hervorheben, wie beispielhaft sich viele Menschen in Gladbach für ihre Mitmenschen einsetzen und ein weltoffenes Zusammenleben fördern. Ich glaube daran, dass dieser Einsatz für Toleranz und Offenheit durchaus stärker ist als gegenläufige Bewegungen.

Die SPD hatte gerade einen Bundesparteitag mit einem relativ schlechten Ergebnis für Parteichef Sigmar Gabriel. Kam das überraschend?

Yüksel Gabriel ist einer der wichtigsten Antreiber der erfolgreichen Politik der Bundes-SPD. Durch seinen Einsatz konnten wir so viele unserer Punkte durchsetzen. In unserer Partei pflegen wir aber eine starke Diskussionskultur, in der die Parteimitglieder nicht einer vorgegebenen Einheitsmeinung wie bei anderen Parteien nachlaufen.

Das macht es aber nicht einfacher.

Yüksel Ich bin froh über diese Diskussionskultur und akzeptiere, dass nicht alle Mitglieder mit jeder Entscheidung zu hundert Prozent zufrieden sind. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass wir in einer Großen Koalition sind und nicht alle Entscheidungen alleine treffen. Darauf beruht die Unzufriedenheit. Dennoch ist in dieser Koalition die SPD inhaltlich bisher definitiv tonangebend. So sind die wichtigsten Gesetze der Bundesregierung durch die Feder der SPD geschrieben worden. Dazu hat gerade Sigmar Gabriel maßgeblich beigetragen.

Ist Gabriel der richtige Kanzlerkandidat für die Bundestagswahl 2017?

Yüksel Sigmar Gabriel hat die Erfolge dieser Regierung mitgestaltet wie kaum ein anderer. Seine Beteiligung und Gestaltung der SPD-Bundespolitik ist, in welcher Art auch immer, meiner Meinung nach sehr wichtig. Letztendlich ist dies auch eine wichtige persönliche Entscheidung von Sigmar Gabriel. Ich glaube daher nicht, dass das der richtige Zeitpunkt ist, um über seine Kandidatur zu spekulieren. Das wird die SPD zu gegebener Zeit verkünden.

Wenn er es nicht machen sollte: Welche personellen Alternativen gibt es?

Yüksel Wie gesagt, die Entscheidung ist noch nicht gefallen. Am Ende wird Politik von einer Mannschaft gemacht und nicht nur durch einzelne Personen. Da bin ich sehr zuversichtlich, dass wir als die SPD wieder ein hervorragendes Team auf die Beine stellen werden.

Sie haben sich inzwischen als Vorsitzende der Gladbacher SPD einarbeiten können: Wie gut ist die Gladbacher Sozialdemokratie aufgestellt?

Yüksel Ich finde, auch hier haben wir ein hervorragendes Team. Wir werden demnächst mit zwei Abgeordneten im Landtag vertreten sein. Darüber hinaus haben wir mit unserem Fraktionsvorsitzenden Felix Heinrichs, unseren Bezirksvorstehern und, nicht zu vergessen, unseren Ortsvereinen eine gute Mannschaft, die sich für unsere Stadt einbringt und in ihren Positionen sehr gute Arbeit macht. Wir sind über Bundes-, Landes- und Kommunalebene in Mönchengladbach gut vernetzt und werden uns das auch für die nächsten Wahlperioden auf die Fahne schreiben.

Das Jahr 2016 ist für Sie als lokale Parteichefin wichtig, denn sowohl die eigene Kandidatur als auch die Landtagskandidaturen müssen vorbereitet werden. Werden Sie als Bundestagsabgeordnete wieder zur Verfügung stehen?

Yüksel Ja, ich stehe sehr gerne wieder für meine Partei und für unsere Stadt als Bundestagsabgeordnete zur Verfügung. Es ist mir eine Ehre, unsere Stadt in Berlin vertreten zu dürfen, und ich würde mich freuen, wenn ich die Arbeit auch in der kommenden Wahlperiode für die Bürger unserer Stadt erfolgreich fortsetzen kann.

Hans-Willi Körfges will für den Landtag im Süden der Stadt wieder antreten. Wen wünschen Sie sich als Kandidaten für das Landesparlament, wenn Angela Tillmann im Norden verzichtet?

Yüksel Ich würde mir wünschen, auch in der nächsten Legislaturperiode mit zwei SPD-Abgeordneten in Düsseldorf vertreten zu sein. Darüber, dass Hans-Willi Körfges wieder antreten will, habe ich mich sehr gefreut. Für unsere Stadt ist er der richtige Mann in Düsseldorf. Er hat in den letzten Jahren viel für Mönchengladbach bewegt. Angela Tillmann ist seit 1. Januar 2016 wieder im Landtag. Auch sie hat während ihrer Abgeordnetentätigkeit eine gute Arbeit für Mönchengladbach geleistet. An dieser Stelle kann ich aber noch nichts über die Kandidatur sagen, da wir noch nicht darüber gesprochen haben.

Wenn Sie keinen Namen nennen wollen: Welche Anforderungen muss der Kandidat erfüllen?

Yüksel Wichtig ist mir, dass wir als Abgeordnete keine Einzelkämpfer sind, sondern ein Repräsentant eines Teams der SPD. Unsere Abgeordneten sollten sich immer mit Energie und vor allem Herz für die Interessen unserer Stadt und der Menschen, die sie in ihrem Amt vertreten, einsetzen.

Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit der SPD in Mönchengladbach mit der CDU? Wie wird das Profil der SPD in der Ratsmehrheit wahrgenommen?

Yüksel In Mönchengladbach arbeiten wir, wie in Berlin, erfolgreich mit der CDU zusammen. Die Kooperation funktioniert deswegen so gut und reibungslos, weil beide Parteien auf Augenhöhe arbeiten. Die SPD ist ein starker Taktgeber und setzt eigene Schwerpunkte. Wir konnten die sechste Gesamtschule absichern, Mittel für kulturelles und erstmals auch soziales Engagement bereitstellen und die Gesundheitskarte für Flüchtlinge einführen um nur einige Beispiele zu nennen. Ich stehe im engen Kontakt mit der SPD-Ratsfraktion und wir stimmen uns regelmäßig ab, um auch in 2016 unsere Stadt weiter voranzubringen.

Sie haben eine besondere Beziehung zu Borussia und haben mit Ihrem Kollegen Udo Schiefner den Fohlen-Fanclub im Bundestag gegründet. Wie intensiv verfolgen Sie die Spiele Borussias? Gucken Sie sich jedes an – und wenn ja, wo?

Yüksel Mein Sohn ist von klein auf schon großer Borussia-Fan und hat auch mich angesteckt. So war es keine Frage, dass wir in Berlin parteiübergreifend unseren eigenen Fanclub gründen. Ich schaffe es leider nicht, jedes Spiel zu sehen. Wenn ich aber die Zeit habe, schaue ich gerne mit meiner Familie oder mit dem Fohlen-Fanclub die Spiele. Manchmal Tippen wir die Ergebnisse. Bei dem jetzigen Erfolg der Borussia liegen wir oft richtig. Wir haben uns zuletzt die Spiele gegen Bremen und Sevilla angeschaut. Beim Spiel gegen Sevilla saßen mein Mann und mein Sohn im Stadion, während wir in Berlin mit dem Fanclub schauten. Wir haben versucht, uns die jeweilige Atmosphäre gegenseitig in Bildern festzuhalten und zuzuschicken.

Gab es bei Ihnen an Weihnachten einen Tannenbaum und Geschenke?

Yüksel Wir haben, als unsere Kinder klein waren, regelmäßig einen Weihnachtsbaum zu Hause gehabt, oder sie haben bei meiner langjährigen Freundin den Tannenbaum mit aufgestellt und geschmückt. Wir haben also Weihnachten in unserem Rahmen gefeiert. Das heißt nicht nur Geschenke, aber vor allem die Zeit auch gemeinsam mit der Familie zu verbringen. So waren wir dieses Jahr alle bei der Familie meiner Schwester. In den letzten Jahren haben wir auch mit einer langjährigen Freundin zu Weihnachten gemeinsam gekocht und gegessen. Früher mussten mein Mann und ich oft an den Weihnachtstagen arbeiten. Uns war es aber wichtig, dass unsere Kinder, die hier aufgewachsen sind, auch die Kultur und die Traditionen kennenlernen.

Wo und wie haben Sie Silvester gefeiert?

Yüksel Wir haben mit der Familie meines Mannes in Adana in der Türkei gefeiert. Die Stadt, aus der wir beide kommen, wo wir uns kennengelernt haben. Diesmal waren unsere Kinder dabei. Ihre Großeltern freuen sich immer unendlich, wenn sie Zeit mit ihnen trotz der großen Distanz verbringen können. Das wollten sich meine Kinder dieses Jahr nicht nehmen lassen.

Zum Schluss: Haben Sie persönliche Vorsätze für das neue Jahr? Was wollen Sie anders machen oder künftig beherzigen?

Yüksel Ich habe mir bisher ehrlicherweise keine Gedanken dazu gemacht. Seit langem verspreche ich meiner Familie und mir selber aber, dass ich mir mehr Zeit für Sport nehme. Ich glaube, das sollte eine Sache sein, die ich in Berlin und auch in Gladbach in meinen Zeitplan fest verankern sollte. Mein Mann geht oft und gern auf längere Spaziergänge. Sicher werde ich mich ihm in diesem Jahr daher öfters anschließen.

Dieter Weber stellte die Fragen.