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Freizügigkeit in der EU – tragende Säule der europäischen Integration

European_union_wikipedia

Quelle: Wikipedia

Die Freizügigkeit in der EU ist eine unverzichtbare Grundfreiheit und eine tragende Säule der europäischen Integration. Der Zuzug von qualifizierten Fachkräften, von motivierten Auszubildenden und Studierenden leistet einen wichtigen Beitrag zur Sicherung des Wohlstands und der Fachkräftebasis in unserem Land. Zugleich können mit der wachsenden Zuwanderung aus anderen Mitgliedstaaten auch Probleme verbunden sein. Diese konzentrieren sich vor allem auf eine Reihe von besonders betroffenen Städten und dort in bestimmten Stadtquartieren.

In der Koalition hatten wir deswegen vereinbart, die sich daraus ergebenden Probleme näher zu untersuchen. Seit Januar hat sich ein Staatssekretärsausschuss aus insgesamt elf Bundesressorts in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden in differenzierter und kooperativer Weise damit befasst. Erste Ergebnisse unserer Arbeit haben wir bereits in einem Zwischenbericht im Frühjahr vorgelegt; jetzt folgen der Abschlussbericht, dazu ein Artikelgesetz, das die Ergebnisse des Staatssekretärsausschusses umsetzt, sowie ein Änderungsgesetz zum Asylbewerberleistungsgesetz.

Die Bundesregierung macht damit klar:

  • Wir unterstreichen, dass die Freizügigkeit eine der zentralen Säulen der europäischen Einigung darstellt. An ihr wird nicht gerüttelt.
  • Wir unterstützen die besonders betroffenen Kommunen mit zusätzlichen Mitteln – und zwar schon in diesem Jahr.
  • Wir unterbinden Missbrauch. Wir sehen kein flächendeckendes Problem, aber stellen klar, dass jeder Missbrauch die Legitimität unserer sozialen Sicherung untergräbt.

Dazu bündeln wir mehrere Maßnahmen. Wir sorgen zum einen für passgenaue und ausgeweitete Hilfen für die Kommunen: Zusätzlich zu den bereits im Zwischenbericht vom 26. März 2014 zugesagten Hilfen für die besonders betroffenen Kommunen in einer Gesamthöhe von über 200 Millionen Euro wird die Bundesbeteiligung an den Kosten für Unterkunft und Heizung im SGB II für das Jahr 2014 einmalig um 25 Millionen Euro erhöht.

Aus verfassungsrechtlichen Gründen darf der Bund keine direkten Finanzhilfen an die Kommunen leisten. Diese Mittel gehen also an die Bundesländer mit den am stärksten betroffenen Kommunen. Dies sind Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen sowie Rheinland-Pfalz. Die Zuweisung der Mittel an die betroffenen Kommunen nehmen dann die Länder vor.

Im Haushalt des Bundesinnenministeriums werden in diesem Jahr noch einmal 40 Millionen Euro für zusätzliche Integrationskurse zur Verfügung gestellt. Außerdem werden die Kommunen bei Maßnahmen im Gesundheitswesen um schätzungsweise 10 Millionen Euro jährlich entlastet. Hierzu trägt eine bessere Information der Krankenkassen über die Zugangsvoraussetzungen von Unionsbürgerinnen und Unionsbürgern zur Krankenversicherung ebenso bei wie die geplante Änderung des SGB V, durch die gesetzliche Krankenkassen verpflichtet werden, die Impfstoffkosten für Kinder und Jugendliche aus EU-Mitgliedstaaten zu übernehmen.

Weiterhin werden die Kommunen durch die Reform des Asylbewerberleistungsgesetzes entlastet. Beim Vorliegen bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel werden die betroffenen Personen bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen künftig Leistungen aus dem SGB II und SGB XII erhalten. Bei Inkrafttreten am 1. April 2015 liegen diese voraussichtlich bei 31 Millionen Euro im Jahr 2015 und bei 43 Millionen Euro in den Folgejahren.

Wie schon im Zwischenbericht avisiert, werden das Programm „Soziale Stadt“ und die Programme aus den europäischen Fonds ESF und EHAP (Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen) auf die kommunale Situation zugeschnitten und entsprechend finanziell ausgestattet: Konkret bedeutet das rund 10 Millionen Euro zusätzlich für die besonders betroffenen Kommunen im Rahmen des 150 Millionen-Euro-Programms „Soziale Stadt“ in 2014 und 88,3 Millionen Euro für EHAP in der Förderperiode 2014 bis 2020 sowie bis zu 116 Millionen Euro in der Förderperiode 2014 bis 2020 für die drei ESF-Programme „Jugend stärken im Quartier,“ „BIWAQ“ und „Integrationsrichtlinie“.

Neben dieser schnellen Hilfe behalten wir auch die weitere Entwicklung im Blick. Es ist vereinbart, dass der Bund bis Ende 2014 unter Berücksichtigung der weiteren Entwicklung der Zuwanderung evaluieren wird, ob die vorgesehenen Maßnahmen die besonders betroffenen Kommunen in ausreichendem Maße entlasten oder ob weitere Unterstützungsmaßnahmen für das Jahr 2015 erforderlich sein werden.

Daneben steht – ebenso wichtig – als Zweites, dass wir die Freizügigkeit in Europa durch das entschlossene Unterbinden von Missbrauch sichern.

Die überwiegende Mehrzahl der Unionsbürgerinnen und Unions-bürger, die nach Deutschland zuzieht, übt ihr Freizügigkeitsrecht in Übereinstimmung mit den geltenden nationalen und europäischen Regeln aus. Einer betrügerischen oder missbräuchlichen Inanspruchnahme des Freizügigkeitsrechts muss aber wirkungsvoll entgegengetreten werden.

Dazu sollen im nationalen Freizügigkeitsrecht selbst befristete Wiedereinreisesperren im Fall von Rechtsmissbrauch oder Betrug ermöglicht werden, das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche in Übereinstimmung mit dem Europarecht grundsätzlich auf sechs Monate befristet und die betrügerische Erschleichung von Aufenthaltsbescheinigungen nach dem Freizügigkeitsgesetz/EU unter Strafe gestellt werden.

Im Bereich von Familienleistungen und Kindergeld sollen Doppelzahlungen und Missbrauch verhindert werden. Dazu wird eine gesetzliche Regelung in das Einkommensteuergesetz eingeführt, die die Kindergeldberechtigung von der eindeutigen Identifikation von Antragstellern und Kindern durch Angabe der steuerlichen Identifikationsnummern des Kindergeldberechtigten und der zum Kindergeldbezug berechtigenden Kinder abhängig macht.

Die Verwaltungsanweisungen im Bereich der Familienleistungen werden konkretisiert und klarer gefasst: Das betrifft die Prüfung der Freizügigkeitsberechtigung, die Befristung des Festsetzungszeitraums für nichterwerbstätige Berechtigte aus EU-Staaten sowie die Anforderungen an den Nachweis der Existenz des Kindes. Außerdem sollen Änderungen für eine Anpassung des Kindergeldbezugs an die Lebenshaltungskosten am Wohnort des Kindes geprüft werden. Ein Missbrauch der Freizügigkeitsrechte unter dem Deckmantel von Erwerbstätigkeit soll ebenso effektiv verhindert werden. Zugleich muss sichergestellt werden, dass Zuwanderer nicht in menschenunwürdigen oder auf Ausbeutung angelegten Beschäftigungsverhältnissen arbeiten müssen.

Auch gehen wir entschieden gegen Scheinselbstständigkeit vor. Mit der neuen Gewerbeanzeigeverordnung muss bei Gewerbeanzeigen künftig konsequent auf Anhaltspunkte für Scheinselbstständigkeit geprüft werden. Außerdem soll die Zusammenarbeit mit der Finanzkontrolle Schwarzarbeit der Zollverwaltung intensiviert werden: Dazu werden weitere für die Bekämpfung der Schwarzarbeit und der illegalen Beschäftigung zuständige Stellen in den Katalog der Zusammenarbeitsbehörden aufgenommen, und damit Unterstützungsrechte sowie -pflichten gesetzlich verankert.

Wir sind überzeugt, dass sich das jetzt vorgelegte Paket sehen lassen kann und einen erheblichen Beitrag dazu leisten wird, die Diskussion über Freizügigkeit in Europa zu versachlichen und den Problemen, die damit verbunden sein können, gezielt zu begegnen. Gleichzeitig können wir so die Chancen, die in dem hohen Gut der Freizügigkeit für alle Europäer liegen, engagiert nutzen.